Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2021-11

Grundstücksbewertungen per 01.01.2022 im Rahmen der Grundsteuerreform

Bei der Auswahl der Themen im Rahmen dieser Beitragsreihe stellen wir uns selbstverständlich regelmäßig die Frage, mit welchem Interesse der geneigte Leser zu diesen Veröffentlichungen greift? Wahrscheinlich konnten wir an dieser Stelle selten ein Thema bieten, das einen größeren Adressatenkreis hat wie in dieser Ausgabe. Auch wenn es den ersten Anschein hat, dass die „Bewertung von Grundstücken“ nach dem Bewertungsgesetz ein Exote ist, der ein Weiterlesen überflüssig macht. Aber seien Sie sich gewiss: Die Grundsteuerreform macht es erforderlich 36 Millionen Grundstücke zu bewerten. Viele von Ihnen werden betroffen sein.

 

Anlass der Grundstücksbewertung

Für verschiedene Anlässe sieht das Steuerrecht die Wertermittlung von Grundstücken vor. Für die Erhebung der Grundsteuer ist das aktuell noch der Einheitswert. Mit diesem „Einheitswert“ gibt es allerdings ein Problem. Er stellt den Wert einer Immobilie auf den 01.01.1964 (!) dar. Das Bundesverfassungsgericht sah diese Vorgehensweise nicht mehr als sachgerecht an. Dieses hat zur Konsequenz, dass auf den 01.01.2022 alle Grundstücke neu bewertet werden müssen, damit dann die Gemeinden ab 2025 auf diese neuen Werte ihre Grundsteuer festsetzen können. Dieses Prozedere soll sich dann alle 7 Jahre wiederholen.

 

Ermittlung der Grundbesitzwerte

Für die Ermittlung der Grundbesitzwerte greift man allerdings nicht auf die bestehenden Bewertungsmethoden des Bewertungsgesetzes zurück, wie sie für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten, sondern fügt ein vollständig neues Buch mit den §§ 218 – 263 in das Bewertungsgesetz ein. Dieses geschieht vor dem Hintergrund, dass man bestrebt ist, das Ermittlungsverfahren stark zu standardisieren.

So werden für die Ermittlung der Werte in einer Vielzahl von Fällen die Mietwerte der Grundstücke benötigt. Um sich den Nachweis- und Überprüfungsaufwand zu ersparen, gelten in allen Bereichen vorgegebene Basiswerte, die praktischerweise gleich als Anlage zum Gesetz „mitgeliefert“ werden.

Auch für Immobilien, die nicht nach den Mietwerten bewertet werden können, wie zum Beispiel Geschäftsgrundstücke, wird anhand von Normalherstellungskosten und der Brutto-Grundfläche des Gebäudes normiert vorgegangen. Der Nachweis von niedrigeren Werten bei berechtigten Einzelfällen, eventuell durch einen Gutachter, ist nicht vorgesehen.

 

Wie läuft die Ermittlung der Werte praktisch ab?

So theoretisch und statistisch die Umsetzung der Grundbesitzbewertung auch angegangen wird: An dieser Stelle kommt jeder Grundstückseigentümer ins Spiel. Die Ermittlung der neuen Grundstückswerte erfolgt nämlich nicht von Amtswegen. Vielmehr ist jeder Betroffene verpflichtet, die Grundlagen für den Ansatz der Ermittlungsfaktoren dem Finanzamt zu erklären! Dazu wird es erforderlich sein, eine separate Erklärung pro Grundstück einzureichen. Diese darf zudem nur in „Härtefällen“ in Papierform erfolgen. Die Regel wird sein, dass das Finanzamt auf die Übermittlung in Form eines bestimmten Datensatzes bestehen wird, so wie Sie es ggf. schon aus anderen Steuererklärungen kennen.

 

Zeitpunkt der Erklärung

Auch wenn der erste verbindliche Feststellungszeitpunkt mit dem 01.01.2022 schon unmittelbar vor der Tür steht, müssen Sie noch nicht aktiv tätig werden. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass das Finanzamt Sie mit entsprechender Frist zur Abgabe der Erklärung auffordern wird. Auch das wird nicht vor dem 01.07.2022 passieren, da nach den vorliegenden Erkenntnissen erst zu diesem Zeitpunkt eine elektronische Übermittlung möglich sein wird. Ob die Aufforderung an jeden Erklärungspflichtigen persönlich erfolgt oder über eine öffentliche Bekanntmachung, ist noch nicht geklärt. Beide Möglichkeiten sind gesetzlich allerdings möglich.

 

Beratungsempfehlung

Wie Sie beim kritischen Lesen gemerkt haben, ist das gesamte Verfahren in der praktischen Umsetzung noch nicht anwendungsreif. Dieses allerdings zum Anlass zu nehmen, die anstehenden Herausforderungen zu unterschätzen, wäre mit Sicherheit auch nicht zielführend, da die Erhebung auf alle Fälle mit zusätzlicher Arbeit verbunden sein wird. Und da zusätzliche Arbeiten erfahrungsgemäß immer zu ungünstigen Zeitpunkten anfallen, sollte bei Gelegenheit schon mal überprüft werden, ob alle Grundstücke im eigenen Bestand problemlos ermittelt werden können und die Größe des Grundstücks, die bebaute Fläche, die Art der Immobilie, das Alter und die Wohnfläche des Gebäudes bekannt sind?

Und für alles andere haben Sie uns. Versprochen!

 

Ihr Jens Bunte

 

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