Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-11

Behindertenpauschbeträge verdoppeln sich!

Dass sich die Preise „gefühlt“ seit Einführung des Euros 2002 verdoppelt haben, ist eine weit verbreitete Meinung, die aber nicht stimmt, denn es waren „nur“ rd. 29 %. Dass es eine Verdopplung der Preissteigerung seit 1975 gegeben hat, wird allerdings niemand in Zweifel stellen – auch wenn ich das nicht mehr recherchieren konnte. Was ich Ihnen aber auf alle Fälle bestätigen kann, ist, dass die Pauschbeträge für behinderte Steuerpflichtige und deren Angehörige sich seit 1975 nicht mehr erhöht haben! Aber jetzt wird es was. Mit der Verabschiedung des Behinderten-Pauschbetraggesetz des Bundestages am 29.10.2020 werden die bisherigen Pauschbeträge ab 2021 verdoppelt! Was es sonst noch dazu Wissenswertes gibt, möchte ich Ihnen hier kurz aufführen.

 

Pauschbeträge im Steuerrecht

 

Der Grundgedanke der Ertragsbesteuerung ist, dass die individuelle Leistungskraft eines jeden Steuerpflichtigen der Besteuerung unterworfen werden soll. Diese im Einzelfall zu ermitteln, ist nicht ganz leicht und ggf. mit viel Arbeit verbunden. Daher bedient sich das Steuergesetz gerne an Pauschalen, die beim Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerlast mindern, ohne dass es zu einer aufwendigen Einzelermittlung kommen muss. Bei dem Vorliegen einer Körperbehinderung ist das z. B. der Fall. Kann daher mit einem Schwerbehindertenausweis ein bestimmter Grad der Behinderung nachgewiesen werden, kann es zum Ansatz der hier besprochenen Pauschbeträge kommen.

 

Änderungen bei den Behinderten-Pauschbeträgen

 

Wie bereits erwähnt, werden die bisherigen Pauschbeträge ab 2021 verdoppelt. Zudem sinkt der mindestens erforderliche Behinderungsgrad von bisher 25 % auf 20 %, sodass hier erstmalig 384,-- € gewährt werden. Bei einem Grad der Behinderung von 30 % werden aus den bisherigen 310,-- € mithin 620,-- € pauschal anerkannt. Beträgt die Körperbehinderung 100 % verändert sich der Pauschbetrag von 1.420,-- € auf nunmehr 2.840,-- €.

 

Für hilflose und blinde Behinderte (gesonderte Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis) kommt es sodann zu einer Verdoppelung von bisher 3.700,-- € auf 7.400,-- €.

 

Einführung einer „Fahrtkosten-Pauschale“

 

Wer bisher einen Grad der Behinderung von 80 % oder aber 70 % und das Merkzeichen „G“ bescheinigt bekommen hatte, der konnte Fahrtkosten von 3.000 KM im Jahr geltend machen. Inhaber der Merkzeichen „aG“, „Bl“ und „H“ sogar 15.000 KM. In der Praxis führte das oft zu Hick-Hack mit der Finanzbehörde, wenn es darum ging, diese Fahrten auch glaubhaft zu machen. Ab 2021 vereinfacht sich das drastisch. Nunmehr werden auch in diesem Bereich Pauschbeträge anerkannt. Für die erste Gruppe beträgt er nun 900,-- € für die zweite Gruppe dann 4.500,-- €. Das entspricht zwar auch dem bisherigen Aufwand, aber wie gesagt: Die Nachweisverpflichtung der Fahrten entfällt!

 

Verbesserung beim Pflegepauschbetrag

 

Wer in seinem oder im Haushalt einer pflegebedürftigen Person eine dauerhafte Pflege durchführt und dafür keine Einnahmen erhält, kann einen Pflegepauschbetrag geltend machen. Bisher wurden dafür 924,-- € anerkannt, wenn der zu pflegende Mensch im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „H“ war. Nunmehr tritt neben einer Erhöhung des Betrages auch eine Staffelung ein. Für Menschen mit einem Pflegegrad 4 oder 5 führt die Erhöhung von 924,-- € jetzt zu einem Betrag von 1.800,-- €. Bei den Pflegegraden 2 werden ab 2021 aber auch schon 600,-- € gewährt. Für Pflegegrad 3 kommen 1.100,-- € zur Anerkennung.

 

Beratungstipp

 

Können Sie mit Einzelnachweisen höhere Aufwendungen nachweisen, dann kommen diese zum Ansatz. Aber Achtung: Der Einzelnachweis wirkt sich erst aus, wenn die zumutbare Eigenbelastung gegengerechnet wurde!

Immer gilt jedoch, dass die o. g. Pauschbeträge nur den täglichen Mehrbedarf einer Behinderung abbilden sollen. Besondere Aufwendungen (Operationskosten, Umbaukosten etc.) können weiterhin neben den Pauschbeträgen geltend gemacht werden und sollten unbedingt in der Einkommensteuererklärung Berücksichtigung finden!

 

Übrigens: In Nordrhein-Westfalen ist der jeweilige Kreis für die Feststellung einer Schwerbehinderung zuständig. Sie können Ihren Antrag formlos oder mit Hilfe eines Vordrucks stellen. Den Vordruck erhalten Sie bei Ihrer Kreis- oder Stadtverwaltung.

 

Ihr Jens Bunte

 

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