Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-08

Belastung durch Gewerbesteuer erst ab einen Hebesatz von mehr als 422 %

Hatten wir am Anfang der Pandemie noch gezögert, den Ausbruch des Virus zu nutzen, um damit Interesse für unsere Themen zu wecken, so muss mittlerweile klar festgestellt werden, dass die Pandemie und Themen des Steuer- und Beitragsrechtes gar nicht mehr zu trennen sind.

Heute möchte ich über eine Änderung im Rahmen dieser Maßnahmen berichten, die nach meiner Meinung im Hintergrund der Berichterstattung über Zuschüsse, Soforthilfen und Stundungsmaßnahmen untergegangen ist: Die Anrechnungsmöglichkeit der Gewerbesteuer.

 

Wen belastet die Gewerbesteuer?

Im Steuerrecht gibt es verschiedene Einkunftsarten. Eine davon bezeichnet die Einkünfte aus Gewerbebetrieben. Daneben gibt es u. a. noch diejenigen Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielen. Einer der größten Unterschiede stellt die Verpflichtung dar, mit Gewerbesteuern belastet zu werden. Wie zu vermuten ist, fällt die Gewerbesteuer nur bei denjenigen an, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Die andere Personengruppe ist von der Gewerbesteuer freigestellt. Das begünstigt hauptsächlich diejenigen, die langläufig als „Freiberufler“ bezeichnet werden. Also Ärzte, Rechtsanwälte und auch Steuerberater.

 

Eine weitere Besonderheit der Gewerbesteuer ist, dass sie nicht an das Finanzamt gezahlt wird, sondern an die Gemeinde, in deren Bereich der Gewerbebetrieb ansässig ist. Daher ist die Gewerbesteuer auch unterschiedlich hoch, weil die Gemeinden unterschiedliche Steuersätze („Hebesätze“) festgelegt haben.

 

Ausgleich für Belastung durch die Gewerbesteuer

Aus meiner täglichen Erfahrung kann ich sagen, dass Steuern nie gerne gezahlt werden. Die Zahlung von Gewerbesteuer zu vermitteln, stellt dabei regelmäßig eine zusätzliche Herausforderung dar. Das ist m. E. dadurch bedingt, dass bekannt ist, dass die Gewerbesteuer nur für Gewerbetreibende gilt. Zudem sind die Beträge der Höhe nach sehr markant und auffällig, sind sie ja nicht in der Summe der sonstigen Steuerzahlungen an das Finanzamt enthalten, sondern müssen separat an die Gemeinde gezahlt werden. Das tut vielen bei jedem Blick auf die Kontoauszüge erneut weh. Dabei wird verkannt, dass der Gesetzgeber einen Ausgleich für die Zahlung der Gewerbesteuern geschaffen hat. Hierbei wird die gezahlte Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet. Im Ergebnis bleibt regelmäßig nur ein kleiner Teil der gezahlten Gewerbesteuer im Rahmen der Gesamtsteuerbelastung als zusätzlicher Zahlungsaufwand übrig. Letztendlich ist der wesentliche Unterschied der Steuer, dass die Gewerbesteuer vor Ort bleibt und sich die Einkommensteuer Richtung Berlin und Düsseldorf verabschiedet.

 

Natürlich liegt auch hier wieder die Tücke im Detail. Es kann zu Konstellationen führen, die eine Anrechnung ausschließen. Aber das soll hier gar nicht das Thema sein. Ich möchte aktuell darauf hinweisen, dass durch die Corona-Steuerhilfegesetze bei der aktuellen Hebesatzlage eine vollständige Anrechnung der Gewerbesteuer – mit Ausnahme von Bad Driburg - in allen Gemeinden des Erscheinungsbereiches dieser Zeitungsausgabe erreicht wird!

 

Wie erfolgt die Anrechnung auf die Einkommensteuer?

Wie bereits gesagt, legt jede Gemeinde die Höhe der Gewerbesteuer selbst fest. Das geschieht in der Weise, dass das Finanzamt der Gemeinde einen sogenannten „Messbetrag“ mitteilt, der auf dem Gewinn des Unternehmens basiert. Die Gemeinden berechnen die Gewerbesteuer dann schlicht in der Art und Weise, dass Sie ihren individuellen Steuersatz auf diesen Messbetrag anwenden. In unserem Redaktionsbereich liegt der aktuell zwischen 415 – 440 %.

 

Gleichzeitig ist dieser Messbetrag die Grundlage für die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Dazu wird der Messbetrag mit einem Faktor multipliziert. So höher der Faktor, so höher die Anrechnung. Bisher wurde der Messbetrag dazu mit 3,8 multipliziert. Durch „Corona“ wird dieser Satz auf 4,0 erhöht. Im Ergebnis bedeutet das, dass bisher eine völlige Freistellung von der Gewerbesteuer erreicht werden konnte, wenn der Hebesatz niedriger als 400,9 % war. Bei uns in der Gegend also in keinem Fall. Durch die Erhöhung liegt diese Schwelle aber ab 2020 bei 422 % und begünstigt somit alle Gemeinden außer Bad Driburg, da hier 440 % gezahlt werden müssen.

 

Da die Anrechnungserhöhung nicht auf 2020 beschränkt ist, bleibt abzuwarten, wann die anderen Gemeinden merken, dass eine Erhöhung der Gewerbesteuer auf mindestens 422 % keine Mehrbelastung darstellt und Ihre Hebesätze anheben.

 

Ihr Jens Bunte

 

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