Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2019-11

Anhebung Mindestlohn ab Januar 2020

Der Mindestlohn sollte ursprünglich alle zwei Jahre angepasst werden. Von diesem Turnus ist die Mindestlohnkommission aber zum 01.01.2020 erstmalig abgewichen. Nachdem erst auf den 01.01.2019 der Mindestlohn auf 9,19 € angehoben wurde, erfolgt bereits zum Beginn des nächsten Jahres eine weitere Anhebung auf jetzt 9,35 €.

Da die Anhebungen immer wieder aufs Neue Überlegungen zur Gestaltung von Beschäftigungsverhältnissen erfordern, möchte ich in diesem Beitrag dafür sensibilisieren, dass die Umstellung sorgfältig vorbereitet werden sollte, um böse Überraschungen im Rahmen von Betriebsprüfungen zu vermeiden.

 

Welche Tücken sind mit der Anhebung des Mindestlohnes verbunden?

 

Reine Stundenlohnvereinbarungen bei Arbeitsverhältnissen sind unproblematisch, da hier der Änderungsbedarf offensichtlich ist.

 

Umsichtig müssen alle die Arbeitgeber agieren, die Ihre Beschäftigten mit Festlohn (Gehalt) abrechnen. Hier muss entweder die Entlohnung heraufgesetzt oder aber die Einsatzzeiten müssen verkürzt werden. Ganz wichtig ist das bei Minijobbern („450-Euro-Kräfte“). Bei einem Mindestlohn von nunmehr 9,35 € sind nur noch höchstens 10,50 Wochenstunden als Beschäftigung möglich, da zu beachten ist, dass die regelmäßige Arbeitszeit für den Monat nach der „13-Wochen-Regel“ berechnet werden muss. Diese berücksichtigt, dass über einen Zeitraum von drei Monaten, 13 Kalenderwochen vorhanden sind und dieses auf einen Kalendermonat heruntergerechnet werden muss.

Passen Sie die Lohnfaktoren nicht an, so werden bei Sozialversicherungsprüfungen enorme Nachzahlungen fällig. Wurden Mindestlohnvorschriften nicht eingehalten, werden die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge auf der Basis geschuldeter Arbeitsentgelte festgestellt und nachgefordert. Besonders teuer ist das, da in diesen Nachzahlungsfällen der Arbeitgeber beide Sozialversicherungsanteile schuldet – auch den vom Arbeitnehmer.

 

Was darf als Mindestlohnvergütung berücksichtigt werden?

 

Bei der Prüfung der Höhe des Mindestlohnes wird alles das als Lohnzahlung berücksichtigt, was für die Bezahlung der „Normaltätigkeit“ geleistet wird. Werden Zahlungen geleistet, die eine „höherwertige“ Arbeit, Arbeit zu besonderen Zeiten oder besonders schwere Arbeiten vergüten, wird damit, nach Auslegung des Gesetzes, nicht die „Mindestarbeit“ bezahlt, sondern eine Mehrleistung, die folglich nicht als Vergütung im Sinne des Mindestlohnes einbezogen wird.

Prämien, die ohne Rücksicht auf die Arbeitsleistung gezahlt werden, dürfen allerdings in die Berechnung mit einfließen. Gerichtlich entschieden ist das z. B. für eine Prämie, die der Arbeitgeber dafür gewährt hat, dass sich seine Arbeitnehmer nicht wg. Bagatellerkrankungen arbeitsunfähig melden („Immer-da-Prämie“) oder ihren Arbeitsplatz reinlich und sauber verlassen. Auch dürfen Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen in die Beurteilung, ob Mindestlohn gezahlt wird, mit einfließen. Dabei sind aber zwei wichtige Aspekte zu beachten: Zum einen dürfen diese Zahlungen nicht unter Vorbehalt und Widerruf gezahlt werden - haben somit den Charakter eines 13. Monatslohnes. Zum anderen findet die Prüfung des Mindestlohnes immer monatsbezogen statt. Diese Sonderzahlungen können daher nur in dem Monat berücksichtigt werden, in dem sie zufließen! Folglich bedeutet das, dass solche Zahlungen nur dauerhaft in die Wertung des Mindestlohnes hineinfallen, wenn sie nicht einmalig, sondern ratierlich/anteilig in die monatlichen Abrechnungen einfließen.

 

Arbeitszeitaufzeichnungen

 

Genauso wichtig, wie die Zahlung des Mindestlohnes, ist es, dieses auch rechtssicher zu dokumentieren. Im Rahmen von Betriebsprüfungen reicht es nicht plausibel darzulegen, dass die Mitarbeiter in den Genuss des Mindestlohnes kommen. Es sind vielmehr genau vorgegebene Aufzeichnungserfordernisse zu erfüllen, um den gesetzlichen Ansprüchen nachzukommen.

So gibt es für einige Branchen (Bau, Gastronomie, Reinigungsgewerbe u. e. m.) per se die Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung. Zudem müssen 450-EURO-Jobber immer dokumentieren.

Eine Dokumentation der Vereinbarungen mit dem Beschäftigten sowie eine Aufzeichnung von geleisteter Arbeit und erfolgter Zahlung ist aber immer empfehlenswert. So lassen sich bei einer Betriebsprüfung auch Fragen nach etwaigen Einmal- oder Sonderzahlungen beantworten oder dem Akkord zugrundeliegende Werte erklären. Das vermeidet Ärger und ist den Aufwand wert. Eine Vorlage zur Erfassung stellen wir Ihnen auf unserer Internetseite zur Verfügung.

 

Ihr Jens Bunte

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