Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2016-11

Fahrtkosten bei Körperbehinderung

Dass für Fahrten behinderter Menschen regelmäßig 0,30 € als Kosten für einen Kilometer als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, galt durch die Rechtsprechung lange als gesichert und steht auch so in den Einkommensteuerrichtlinien. Dass im Steuerrecht aber nicht immer alles so bleiben muss wie es (seit langem) ist, ist aber auch nicht wirklich überraschend. So meint das Hessische Finanzgericht, dass es in Ausnahmen doch möglich sein soll, die tatsächlichen Kosten je KM bei Behinderung als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, wenn durch die Behinderung ein besonderes Fahrzeug benötigt wird und diese Kosten höher als 0,30 € sind. Ich möchte nicht die Chancen dieser Entscheidung vor dem Bundesfinanzhof beurteilen. Vielmehr möchte ich dieses Urteil als Anlass nehmen, Ihnen die bestehenden Möglichkeiten der Berücksichtigung von Fahrtkosten mit dem eigenen Auto bei Körperbehinderung an dieser Stelle einmal vorzustellen.

 

Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit

 

Der Normalfall für die Fahrten zur täglichen Arbeit ist im Steuerrecht der, dass für diese Fahrten nicht die Strecke für Hin- und Rückfahrt berücksichtigt werden kann, sondern nur die einfache Entfernung. Behinderte Arbeitnehmer, die durch Ihren Körperbehinderungsausweis jedoch einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 70 % oder aber nur 50 % und zusätzlich noch das Merkzeichen „G“ nachweisen können, haben die Möglichkeit, die Kosten für Hin- und Rückfahrtstrecke geltend zu machen! Und anders als bei den außergewöhnlichen Belastungen steht in diesem Fall sogar ausdrücklich im Gesetz, dass der tatsächliche Kostenanfall je KM für das genutzte Fahrzeug berücksichtigt werden darf. Lediglich aus Vereinfachungsgründen kann auch in diesen Fällen der bekannte Verrechnungsbetrag i. H. v. 0,30 € angesetzt werden.

 

Fahrten, die nicht beruflich bedingt sind

 

Fahrten, die nicht dazu dienen zur Arbeit zur kommen, können im Steuerrecht grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, da sie in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen stattfinden und nicht mit der Einkommenserzielung im Zusammenhang stehen. Für Menschen mit Behinderung werden jedoch zwei Fallgruppen unterschieden:

 

a)     Geh- und stehbehinderte Steuerpflichtige

 

Hierzu gehören die Menschen, die einen GdB von mindestens 80 % oder mindestens 70 % und das Merkzeichen „G“ haben. Dann besteht die Möglichkeit ohne Nachweis 3.000 KM als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen. Bei einem KM-Satz von 0,30 € entspricht das einen Aufwand i. H. v. 900,-- € für jedes Kalenderjahr.

 

Das gilt auch, wenn die Behinderung oder aber der Nachweis der Behinderung nicht für das ganze Jahr vorgelegen haben! Mehr als 3.000 KM behinderungsbedingte Fahrten müssen allerdings durch geeignete Aufstellungen nachgewiesen werden, um berücksichtigt werden zu können.

 

b)     Außergewöhnlich Gehbehinderte

 

Als außergewöhnlich gehbehindert gilt derjenige, der „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), „Bl“ (Blinde) oder aber „H“ (Hilflose) bescheinigt bekommen hat. Anders als in dem o. g. Fall können diese Steuerpflichtigen nicht nur die Fahrten berücksichtigen, die durch die Behinderung angefallen sind, sondern auch sonstige private Fahrten für Freizeit-, Urlaubs- oder Besuchszwecke in einem angemessenen Rahmen. Als „angemessener Rahmen“ werden vom Finanzamt jährlich bis zu 15.000 KM angesehen. Die tatsächliche Fahrleistung muss allerdings nachgewiesen oder aber glaubhaft gemacht werden. Das bedeutet nicht, dass „unendliche“ Aufstellungen anzufertigen sind. Vielmehr gilt es nachzuweisen, dass die genutzten Fahrzeuge jährlich eine entsprechende Fahrleistung hatten. Zum Beispiel über Werkstattrechnungen, aus denen die KM-Stände ersichtlich sind.

 

Sonstige Hinweise zum Thema

 

Wie schon erwähnt, werden die Fahrten, die nicht solche zum Arbeitsplatz sind, als sonstige außergewöhnliche Belastungen vom Finanzamt berücksichtigt. Das Besondere bei den sonstigen außergewöhnlichen Belastungen ist, dass noch eine zumutbare Eigenbelastung gekürzt wird. Diese ist abhängig vom Familienstand und Einkommen und gilt für die Summe aller anderen sonstigen außergewöhnlichen Belastungen auch. Nicht gekürzt wird allerdings der „normale“ Behinderten-Pauschbetrag. Dieser kann zusätzlich berücksichtigt werden. Auch Umrüstkosten für behinderungsbedingte Einbauten in Autos können zusätzlich geltend gemacht werden. Die außergewöhnlichen Belastungen können auch von Eltern behinderter Kinder abgesetzt werden, wenn die Kinder diese Aufwendungen nicht im Rahmen Ihrer eigenen Steuererklärung berücksichtigen.

 

Den „GdB“ stellt übrigens das Versorgungsamt fest.

 

Ihr Jens Bunte

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