Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2015-02
Kosten für Erststudium doch absetzbar?
Es ist nur ein Versuch. Doch wer diesen Aufwand scheut, der darf sich später nicht beschweren, dass der Fiskus ihn, bei Aufnahme seiner ersten beruflichen Tätigkeit nach seinem Studium, gleich voll zur Kasse bittet.
Wer ist betroffen?
Es geht um die Studenten, die ihr Studium gleich nach dem Abitur aufnehmen – das sogenannte Erststudium.
Davon zu unterscheiden sind die Studierenden, die bereits eine abgeschlossene Ausbildung haben und im Anschluss an diese Ausbildung ihr Studium aufnehmen. Oder aber die Studenten, die während Ihrer Ausbildung parallel studieren („duale Ausbildung“). Die beiden letztgenannten können die Kosten für Ihr Studium ohnehin geltend machen. Nur die „Erststudenten“ bleiben auf Ihren Kosten sitzen, obwohl sie sich ja auch für Ihren späteren Beruf ausbilden. Sie finden das ungerecht? Damit sind Sie nicht alleine. Der Bundesfinanzhof (BFH) sah es 2011 genauso!
Hin und Her der letzten Jahre
2011 hatte der BFH entschieden, dass die Kosten für ein Erststudium, im Anschluss an das Abitur, in unbegrenzter Höhe berücksichtigt werden können. Doch die Freude währte nicht lange. Bereits Ende 2011 wurden das Einkommensteuergesetz geändert. Es erfolgte eine Klarstellung, dass diese Kosten eben doch nicht berücksichtigt werden können. Das günstige BFH-Urteil wurde damit ausgehebelt. Und es kam noch schlimmer: Diese Neuregelung galt sogar rückwirkend für alle offenen Fälle ab 2004.
Die nächste Enttäuschung folgte 2013. Ein Senat des BFH sah weder in dieser abrupten Änderung des Gesetzes noch in der rückwirkenden Gültigkeit einen Verstoß gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und ließ eine Verfassungsklage nicht zu!
Wie ist der aktuelle Stand?
Damit haben sich einige Betroffene nicht abgefunden. Sie haben wieder ihre Kosten für das Studium beim Finanzamt eingereicht. Das Finanzamt musste die Anerkennung aufgrund der neuen Gesetzlage ablehnen, sodass gegen diese Ablehnung wiederum mit Einsprüchen und Klagen reagiert wurde und diese Prozesse zwischenzeitlich wieder beim BFH angekommen sind. Mit einem kleinen Unterschied: Dieses Mal ist ein anderer Senat mit dem Verfahren betraut worden. Und der sieht das nicht so eindeutig wie seine Kollegen im Jahr 2013!
Die Richter des BFH haben nun tatsächlich das Bundesverfassungsgericht angerufen. Sie sind nämlich der Ansicht, dass die Studienkosten als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst sind und somit Werbungskosten darstellen. Denn sie dienen ja zukünftig der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften. Der Ausschluss dieser Aufwendungen vom Werbungskostenabzug verstoße eventuell gegen das Grundgesetz. Denn dort steht, dass die Besteuerung in der BRD nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erfolgen habe.
Worum geht es genau?
Studenten haben in der Regel keine oder geringe Einkünfte. Sie zahlen keine Steuern. Warum dann eine Steuererklärung einreichen? Nun ja: Durch die Kosten des Studiums entstehen Studenten negative Einkünfte. Diese negativen Einkünfte verfallen nicht, sondern würden vom Finanzamt im Rahmen eines Verlustfeststellungsbescheides festgestellt und über die Jahre „gesammelt“. Nimmt der ehemalige Student nun eine berufliche Tätigkeit auf und hat ein entsprechendes Einkommen, dann würden diese „Altverluste“ mit dem aktuellen Einkommen verrechnet. Und das spart Steuern!
Wie sollte man vorgehen?
Die Empfehlung kann nur lauten für alle noch möglichen Jahre eine Steuererklärung einzureichen, die entsprechenden Werbungskosten steuerlich geltend zu machen und gegen den ablehnenden Steuerbescheid Einspruch einzulegen. Ganz wichtig ist sodann, das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Nur so kann man auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes warten ohne dass der eigene Steuerbescheid rechtskräftig wird.
Was kann man geltend machen?
Natürlich alle Kosten, die direkt durch das Studium entstanden sind. Das sind beispielhaft die Studiengebühren, Büromaterialien, Fachliteratur und ggf. Zinsen für Studienkredite.
Richtig interessant wird es aber dann, wenn Sie als Student am Studienort eine Wohnung unterhalten. Dann sollte geprüft werden, ob nicht eine doppelte Haushaltsführung geltend gemacht werden kann. Sollte das der Fall sein, dann bitte ermitteln: Miete, Energiekosten, Einrichtung der Wohnung, Makler- und Müllgebühren, Familienheimfahrten, Verpflegungsmehraufwendungen usw. usw.
Also handeln und warten. Es könnte sich lohnen!
Ihr Jens Bunte