Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2014-11
Mediation in der Steuerberatung
Als Steuerberater habe ich an dieser Stelle schon oft über steuer- und abgabenrechtliche Themen geschrieben, da genau das auch mein Beruf ist. Doch als Berater berät man regelmäßig mindestens eine Partei. Diese Partei benötigt Beratung im Umgang mit einer anderen Partei – auch das überrascht nicht wirklich. Doch wie gehen diese Parteien miteinander um? Wie werden Probleme erkannt, vermieden und eventuell ausgeräumt? Kann man verschiedene Parteien und Interessen zusammenführen? Dafür sollte der Steuerberater nicht nur ein guter Berater, sondern auch ein guter Mediator sein.
Streiten sich zwei Kinder um eine Orange, dann liegt es auf der Hand, die Orange zwischen beiden „gerecht“ aufzuteilen. Der Vermittler (lat. = Mediator) ginge das Problem eventuell anders an. Er würde versuchen, die einzelnen Interessen festzustellen. Möchte das eine Kind die Schale der Orange als Kuchenzutat nutzen, wo hingegen das andere Kind die Orange zum Pressen eines Saft benötigt? Dann liegt eine ganz andere Lösung nahe!
Was ist das besondere an einer Mediation?
Es findet eine Veränderung der hergebrachten Konflikt- und Kommunikationsmuster durch den Mediator statt. Im Alltag zeichnen sich Konfliktgespräche häufig dadurch aus, dass eine Person beginnt etwas zu erzählen, während die andere Person nach 3 sec nicht mehr zuhört, sondern sich dann beginnt darauf zu konzentrieren, was sie der Person mitteilen möchte. Der Mediator ermöglicht eine strukturierte, an den Problemen und Personen orientierte Auseinandersetzung. Die Parteien bleiben jederzeit „Herren“ über das Verfahren, so dass kein Schlichter, Schiedsrichter oder Richter ihnen eine widerstrebende Entscheidung „aufzwingen“ kann.
Die Phasen einer Mediation
1. Phase: Mediationsvereinbarung
Es werden die Grundlagen der Mediation erläutert. Der Mediator informiert die Parteien über den Ablauf des Mediationsverfahrens und vereinbart mit ihnen, welche Verfahrensregeln im Einzelnen gelten sollen. Ferner wird geprüft ob sich das Verfahren für die Beteiligten überhaupt eignet.
2. Phase: Themensammlung
In dieser Phase wird geklärt, worüber zwischen den Parteien Uneinigkeit und worüber Einigkeit besteht. In einer Bestandsaufnahme werden dabei die klärungsbedürftigen Themen beider Seiten gesammelt.
3. Phase: Interessenklärung
Unterscheiden von Positionen und Interessen. Gedanke der Mediation: Es gibt keine objektive Wahrheit, sondern jeder Mensch hat seine eigene, subjektive, interessenbestimmte Wirklichkeit, die es zu erkennen und zu verstehen gilt. Das Aufdecken dieser Interessen mit Hilfe der Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft und bestimmter Fragetechniken fördert das wechselseitige Verständnis und die Akzeptanz der unterschiedlichen Sichtweisen. Das versetzt die Konfliktpartner in die Lage, zukunftsorientierte, wertschöpfende Optionen zu entwickeln.
4. Phase: Kreative Ideensuche
Mittels der Technik des „Brainstormings“ und anderer Kreativitätstechniken werden Lösungsoptionen entwickelt.
5. Phase: Auswahl und Bewertung von Optionen
Prüfung der Optionen auf Realisierbarkeit und Abwägung der Vor- und Nachteile. Vorteil der Mediation: Die Abkehr vom Positionen-Denken hin zu zukunftsorientierten Interessen eröffnet Einigungsalternativen, die vorher gar nicht denkbar waren. Der zu verteilende Kuchen wird vergrößert.
6. Phase: Gestaltung und Abschlussvereinbarung
Abwägung der Folgen von Rechtsstreitigkeiten oder die Umsetzung der Mediationserkenntnisse mit Fachberatern.
Schon der Schweizer Staatsrechtler Carl Hilty erkannte, dass „das Glück des Lebens nicht darin besteht, wenig oder keine Schwierigkeiten zu haben, sondern sie alle siegreich zu überwinden“
Ihr Jens Bunte
- Wirtschaftsmediator –