Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2022- V

§ 35a EStG für Pflegeleistungen im Haushalt des zu Pflegenden

So ziemlich jeder Steuerpflichtige hat im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung schon Aufwendungen nach § 35a Einkommensteuergesetz (EStG) geltend gemacht. Gut, im Zweifel ist Ihnen die Bezeichnung „§ 35a EStG“ nicht so geläufig, die Geltendmachung von „Handwerkerleistungen“ wird Ihnen aber ggf. ein Begriff sein.

Nun begünstigt dieser § 35a EStG nicht nur „Handwerkerleistungen“. Auch haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen können zu einer Steuerminderung führen. Und nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) wird diese Möglichkeit so ausgelegt, dass sich der Kreis der Begünstigten stark erweitern könnte, wenn die formellen Voraussetzungen bei Vertragsabschluss für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen gleich beachtet werden!

 

Wie werden Pflege- und Betreuungsleistungen über den § 35a EStG begünstigt?

 

Pflege- und Betreuungsleistungen für Grundpflegemaßnahmen und hauswirtschaftliche Versorgung können zu einer Steuerermäßigung i. H. v. 20 % der begünstigten Aufwendungen führen – maximal bis 4.000 €. Steuerermäßigung bedeutet, dass die Einkommensteuer „direkt“ um diesen Betrag gemindert wird. Um den Höchstbetrag von 4.000 € zu erreichen, wären rechnerisch somit 12.000 € an nachzuweisenden Aufwendungen erforderlich. Dazu ist es für diese Rechtsnorm nicht Bedingung, dass eine Pflegebedürftigkeit nachgewiesen wird.

 

Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35a EStG

 

Bei näherer Betrachtung ist es schon kurios, dass der entschiedene Fall bis vor den BFH getragen werden musste, da aus dem Gesetzestext verhältnismäßig klar hervorgeht, dass für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen nicht die strengen Gewährungsvoraussetzungen wie für die anderen Leistungen des § 35a EStG, wie z. B. bei den Handwerkerleistungen, gelten.

So muss, weder der Erhalt einer Rechnung noch die unbare Zahlung über eine Bank nachgewiesen werden, um in den Genuss der Steuerermäßigung zu kommen. Zudem kommt es nach Lesart des Gesetzes auch nicht darauf an, ob die ambulanten Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen – also desjenigen der die Begünstigung in Anspruch nehmen will – oder eines Dritten (z. B. den pflegebedürftigen Eltern) erbracht werden. Aber genau das hatte das Finanzamt abgelehnt und das Finanzgericht Berlin-Brandenburg sah dieses im folgenden Verfahren auch so. Bei den Leistungen an sich ist darauf zu achten, dass es sich neben den sogenannten Grundpflegemaßnahmen – und damit Maßnahmen der unmittelbaren Pflege am Menschen (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) – auch um Leistungen zur hauswirtschaftlichen Versorgung wie Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, handelt.

 

Was hat der BFH nunmehr klargestellt?

 

Der BFH hat es nun auch für die „ungläubigen“ Finanzgerichte und Finanzämter klargestellt: Wer z. B. seine Eltern in deren eigener Wohnung eine ambulante Pflege zukommen lässt und die Aufwendungen dafür trägt, der kann die Steuerermäßigung in Anspruch nehmen! Er machte aber auch deutlich, dass es entscheidungserheblich ist, ob der Steuerpflichtige der Verpflichtete des Vertrags mit der Sozialstation war und mithin eigene Aufwendungen getragen hat, für die die Steuerermäßigung des § 35a EStG gewährt werden kann oder ob es der Aufwand des Elternteils war und insoweit steuerunerheblicher Drittaufwand vorlag.

Daher meine klare Handlungsempfehlung: Wenn Sie z. B. ambulante Pflege- oder Betreuungsleistungen für ihre Angehörigen übernehmen, sollten Sie – sofern die Steuerermäßigung des § 35a EStG dafür beansprucht werden soll – vertraglich ausdrücklich regeln, dass Sie Vertragspartner und somit Verpflichteter der Betreuungsleistungen zugunsten des Angehörigen sind und nicht den Angehörigen lediglich beim Vertragsschluss vertreten.

 

Abgrenzung Heimunterbringung

 

Pflege- und Betreuungsaufwand für Heimunterbringung (also stationär) bleibt nach wie vor nur nach § 35a EStG begünstigt, wenn es sich um die eigenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene Heimunterbringung handelt.

Diese genaue Trennung entspricht den Interessen des Gesetzgebers, der die Pflege und Betreuung von Angehörigen im häuslichen Umfeld in stärkeren Umfang fördern will als bei einer Unterbringung des Pflegebedürftigen in einem Heim.

 

Ihr Jens Bunte

 

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