Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-10

Ehescheidungskosten doch abziehbar?

Eine Ehe kann in Deutschland nur durch das Familiengericht geschieden werden. Die Kosten für das Gericht und den erforderlichen Rechtsbeistand sind in der Regel nicht unerheblich, da es in der Realität nicht nur die formelle Ehe zu scheiden gilt, sondern sich auch oft Konflikte zu Folgefragen der Ehescheidung ergeben. Das können Regelungen zum Sorgerecht der Kinder, Verteilung des Hausrats und der ehelichen Wohnung, zum Zugewinn- und Versorgungsausgleich oder die Beibehaltung des Ehenamens sein. Ganz häufig stellen auch Unterhaltsfragen den Gegenstand von Scheidungsfolgeverfahren dar. An diesen Kosten beteiligt sich der Fiskus ab 2013 nicht mehr. Über den Hintergrund und ob sich diesbezüglich eine Ausnahme abzeichnet, möchte ich in diesem Beitrag berichten.

 

Warum sind Ehescheidungskosten nicht mehr abziehbar?

In deutschen Steuergesetzen gilt grundsätzlich das „Veranlassungsprinzip“. Entstehen Kosten im Zusammenhang mit Einnahmen die steuerpflichtig sind, dann können diese als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemacht werden. Ausnahmen dazu gibt es im Einkommensteuerrecht regelmäßig im Bereich der Sonderausgaben oder aber bei den außergewöhnlichen Belastungen, die eine Berücksichtigung ermöglichen. Hier können also Ausgaben zum Abzug kommen, die eine private Veranlassung als Hintergrund haben. So wie es bei Ehescheidungskosten der Fall ist.

 

Allerdings sind die Anwendungsfälle stark reguliert. Vor dem Jahr 2013 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) die Scheidungskosten stets als eigenständige Fallgruppe zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen. Ab dem Jahr 2013 wurde das Gesetz für die erweiterte Definition von außergewöhnlichen Belastungen allerdings verschärft. Neben den sonstigen Voraussetzungen können Prozesskosten nur noch als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden, wenn man als Steuerpflichtiger ohne die Verursachung dieser Kosten Gefahr laufen würde seine existenziellen und lebensnotwendigen Bedürfnisse zu verlieren. Das Finanzamt war selbstredend sofort der Ansicht, dass das bei Ehescheidungskosten nicht der Fall sei.

 

In der Folge hat es zahlreiche Prozesse auf den Finanzgerichtsebenen gegeben, bis der BFH am 18.05.2017 final entschieden hat, dass die Ansicht des Finanzamtes sich mit dem Gesetz deckt. Ehescheidungskosten in der Steuererklärung hatten sich damit erledigt.

 

Zeichnet sich eine Ausnahme ab?

Die Zahlung von Unterhalt an einen der beiden Ex-Partner ist eine übliche Folge einer Ehescheidung. Und weil die Leistungen solcher Zahlungen in den allermeisten Fällen auch nicht freiwillig gezahlt werden, wird auch diesbezüglich das Gericht und/oder ein Rechtsbeistand angerufen. Die dann festgelegten Zahlungen erfüllen regelmäßig die Voraussetzungen des sogenannten „Realsplittings“. Damit ist der Fall umschrieben, dass sich der Empfänger der Unterhaltsbeträge gegenüber dem Finanzamt verpflichtet, die erhaltenen Leistungen im Rahmen seiner Steuererklärung als Einnahmen zu erklären. Im Gegenzug darf der Zahlende diese Beträge als Sonderausgaben geltend machen! Das macht immer dann Sinn, wenn der Zahlende einen höheren Steuersatz als der Empfänger hat. Was die Regel ist. Und hier stellt sich doch jetzt die Frage des Veranlassungsprinzips: Wenn der Empfänger Einnahmen als sonstige Einkünfte versteuert, dann müssten doch mindestens seine Kosten aus der Erlangung des Unterhaltes Werbungskosten darstellen?

 

Theorie und Praxis

Damit die geleisteten Unterhaltszahlungen bei dem Empfänger zu Einkünften werden, muss der Zahlende einen Antrag stellen. Praktisch bedeutet das, dass zum Zeitpunkt der Entstehung der Prozesskosten noch gar nicht feststeht, dass der leistende Ex-Gatte diesen Antrag stellen wird. Stellt er diesen Antrag nicht, fällt auf den nachehelichen Unterhalt auch keine Steuer an. Das Finanzamt verweigert die Anerkennung der Streitkosten, weil es den wirtschaftlichen Zusammenhang der früheren Kosten mit den späteren Unterhaltszahlungen nicht anerkennt.

Wenn im Steuerrecht Theorie und Praxis aufeinandertreffen, werden wiederum Gerichte bemüht. Und die Chancen stehen gut. Ganz aktuell hat das Finanzgericht Münster den Steuerpflichtigen Recht gegeben. Leider steht noch eine Revision beim BFH an. Daher mein Tipp: Machen Sie auf alle Fälle Ihre Kosten geltend. Berufen Sie sich auf das anhängige Verfahren beim BFH (Az. X R 7/20)!

 

Ihr Jens Bunte

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