Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-05

Unfallkosten auf dem Weg zur Arbeit

Die Fahrten zur Arbeitsstätte werden von den meisten Pendlern mit dem eigenen Fahrzeug vorgenommen. Und wer nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Job kommen kann oder möchte, der trägt das Risiko und die Kosten für jene Fahrten selbst.

 

Das Einkommensteuergesetz sieht für diese Art von Werbungskosten lediglich eine pauschale Berücksichtigung der Aufwendungen i. H. v. 0,30 € vor – und das auch nur für die einfache Fahrt! Das gilt selbst, wenn im Einzelfall höhere Fahrzeugkosten nachgewiesen werden könnten. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Die Unfallkosten, die zweifelsfrei auf dem Weg zur oder von der Arbeit anfallen, können zusätzlich als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt werden. Aber da scheint sich nun eine Änderung abzuzeichnen.

 

Gesetzliche Regelung und Handhabe des Finanzamtes

 

Das Gesetz lässt eigentlich keine andere Handhabe zu: Unfallkosten gehören nicht zu den Kosten, die für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (so die offizielle Bezeichnung) berücksichtigt werden können. Im Gesetz steht lediglich, dass mit der Pauschale von 0,30 € pro Kilometer der einfachen Entfernung alle Kosten abgegolten sind. Da gibt es eigentlich keinen Interpretationsspielraum.

Auf Grund einer alten Bundestagsdrucksache hat es jedenfalls eine Ausnahme in das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 31.10.2013 geschafft, und somit auch in die Lohnsteuerhinweise, sodass Unfallkosten auf eben diesen Fahrten zusätzlich zu der pauschalen Berechnung steuermindernd von den Finanzämtern berücksichtigt werden dürfen. Begründet wird das damit, dass es sich um außergewöhnliche Aufwendungen handeln würde.

 

Ändert sich daran was?

 

Aktuell noch nicht. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) einen „Unfall-Fall“ zu entscheiden gehabt.

 

Dabei hatte sich eine Steuerpflichtige auf einer Fahrt zur Arbeit bei einem Autounfall so stark verletzt, dass sie Operationskosten in Folge des Unfalls zu tragen hatte, die sie in Ihrer Steuererklärung sodann als Werbungskosten berücksichtigt haben wollte. Das hat das Finanzamt abgelehnt. Damit wollte sich die Frau allerdings nicht abfinden. Für Blechschäden lässt der Fiskus Ausnahmeregelungen gelten. Für die Wiederherstellung der Gesundheit nicht. Damit zog die Frau vor den BFH – und bekam Recht!

 

Was sich bisher nach einem Erfolg auf ganzer Linie anhört, lässt allerdings befürchten, dass sich demnächst bei der Anerkennung von Unfallkosten an Fahrzeugen erheblich was ändern kann. Dazu muss sich die Begründung des BFH genau angesehen werden. Er stellte richtiger Weise fest, dass es sich bei den Operationskosten gar nicht um Aufwendungen handelt, die der Klägerin entstanden sind, um den Weg zur Arbeit zurückzulegen, sondern um Kosten für die Wiederherstellung ihres gesundheitlichen Zustandes! Anders gesagt: Bei den Operationskosten handelt es sich nicht um Mobilitätskosten, die im Abzug beschränkt sind, sondern um die Beseitigung von körperlichen Schäden, die uneingeschränkt berücksichtigt werden können, wenn Sie beruflich verursacht wurden.

 

Bei der Gelegenheit rückt der Bundesfinanzhof ein paar Sachverhalte zurecht, die für die eigentliche Entscheidung in dieser Deutlichkeit gar nicht erforderlich gewesen wären. Er sieht überhaupt keinen Ansatz dafür, dass rein die „Außergewöhnlichkeit“ des entstandenen Schadens zu einer Abzugsberechtigung von Unfallkosten am Fahrzeug führen könnten. Auch die Begründung des Gesetzgebers wäre diesbezüglich eindeutig und auslegungslos.

 

Folgen für die Praxis

 

Bis auf Weiteres können Unfallkosten allerdings weiterhin geltend gemacht werden. Alle Urteile des BFH entfalten nämlich erst dann Rechtswirkung für alle Steuerpflichtige, wenn sie im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurden. Das ist bisher in diesem Fall noch nicht geschehen. Reparaturkosten des Kraftfahrzeuges sollten somit nach wie vor geltend gemacht werden.

 

Wenn die Finanzämter aber bereits jetzt die Berücksichtigung der Unfallkosten ablehnen sollten, dann machen Rechtsmittel dagegen vermutlich wenig Sinn, da auf dem Klageweg nach Lage der Dinge keine andere Entscheidung herbeigeführt werden kann, denn die Finanzgerichte und somit auch der BFH werden den Abzug vermutlich ebenfalls erneut verweigern.

 

Daher kann mein Beratungstipp in dieser Ausgabe nur lauten: Fahren Sie vorsichtig!

 

Ihr Jens Bunte

Zurück