Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-02

Die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (IST-Besteuerung) ab 2020

Jetzt kaufen und später zahlen, das ist im Konsumalltag schon fast Normalität geworden. Aber wer verkauft schon etwas und muss dann später zahlen? Solche Kuriositäten gibt es (wahrscheinlich) nur im Steuerrecht. Liefert oder leistet ein Unternehmer etwas, dann muss er mit seinem Preis regelmäßig die Umsatzsteuer berechnen. Diese Steuer verbleibt natürlich nicht bei ihm. Er muss sie an das Finanzamt weiterleiten. Es stellt sich allerdings die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat? Das ist für den Unternehmer wichtig zu wissen, da das erhebliche Auswirkungen auf seine Liquidität haben kann. Und da es zum Beginn des Jahres 2020 diesbezüglich eine Änderung gegeben hat, möchte ich diesem Thema diesen Beitrag widmen.

 

Grundsatz der Entstehung der Umsatzsteuer

 

Unternehmer, die Umsätze erbringen für die Umsatzsteuer abgeführt werden muss, müssen beim Finanzamt Umsatzsteuervoranmeldungen einreichen, in denen Sie ermitteln, wie hoch ihre Umsatzsteuerschuld für den Zeitraum ist, auf den sich die Umsatzsteuervoranmeldung bezieht. Der gesetzliche „Normalfall“ ist der, dass alle Umsätze berücksichtigt werden müssen, die von dem Unternehmer in dem entsprechenden Zeitraum erbracht wurden. Es ist also völlig egal, wann der Unternehmer das Geld von seinem Kunden erhält. Die Umsatzsteuer auf dieses Geschäft muss er dem Fiskus schon bezahlen und somit vorfinanzieren. Alle Unternehmer, die mit Rechnung „auf Ziel“ verkaufen, sind somit davon betroffen. Ganz übel ist das natürlich in Fällen, in denen Ratenzahlung vereinbart wurde oder der Kunde seine Rechnung nur „abstottern“ kann. Das Geld vom Kunden kommt also sehr viel später beim Unternehmer an. Die sofortige Fälligkeit der Umsatzsteuer ist allerdings der Standard.

 

Abwendung vom Grundsatz

 

Die vorgenannte Handhabung führt ganz klar zu einem Liquiditätsnachteil. Das hat auch der Gesetzgeber so gesehen. Daher hat er die Möglichkeit der „IST-Versteuerung“ geschaffen. Dabei entsteht die Verpflichtung zur Weiterleitung der Umsatzsteuer an das Finanzamt erst mit Ablauf des Umsatzsteuervoranmeldungszeitraumes, in dem die Zahlung vom Kunden beim leistenden Unternehmer auch eingegangen ist – er den Rechnungsbetrag also vereinnahmt hat!

Diese Abweichung vom Grundsatz kann allerdings nicht stillschweigend vom Unternehmer in Anspruch genommen werden. Es ist vielmehr ein formloser Antrag beim Finanzamt zu stellen, der dann mit einem Verwaltungsakt vom zuständigen Finanzamt entschieden wird.

 

Voraussetzungen zur Gewährung der IST-Versteuerung

 

Das Gesetz kennt ganze drei Voraussetzungen, die für die Zustimmung des Antrags auf Anwendung erforderlich sind. Dabei reicht es aus, dass nur eine der Vorgaben erfüllt wird.

 

Die Umsatzgrenze

Wurde von dem Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr ein bestimmter Umsatz (netto ohne Umsatzsteuer) nicht überschritten, kann ein Antrag auf Versteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gestellt werden. Bisher betrug diese Grenze 500.000,-- €. Dieser Betrag erhöht sich allerdings – wie eingangs schon angekündigt. Er wird zum 01.01.2020 auf 600.000,-- € angehoben. Damit profitieren bereits alle davon, die in 2019 (bei alter Rechtslage) zwar die alte Grenze gerissen hatten, nunmehr aber unter dem neuen Höchstbetrag liegen sollten!

Keine Verpflichtung Bücher zu führen

Wer zwar mehr als 600 T€ Umsatz machen sollte, aber ggf. regelmäßig weniger als 60.000,-- € Gewinn, kann sich von der Verpflichtung Bücher zu führen, ebenfalls befreien lassen und muss anstatt zu bilanzieren, lediglich eine Einnahmenüberschussrechnung erstellen. Auch diese Zielgruppe kann einen Antrag bezüglich der Fälligkeit der Umsatzsteuer stellen.

Besondere Berufsgruppen

Unternehmer, die der Berufsgruppe der „Freiberufler“ angehöhren, können unabhängig aller Umsatz- und Gewinngrößen die Begünstigung beantragen.

 

Hinweis: Bei der vorgestellten Regelung handelt es sich zwar um eine gesetzliche Bestimmung – einen Anspruch auf Anwendung hat man als Steuerpflichtiger hingegen nicht. Denn es liegt eine sogenannte „Kannbestimmung“ vor. Auch wenn die vorgenannten Voraussetzungen formell vorliegen, muss das Finanzamt dem gestellten Antrag nicht entsprechen und kann seine Zustimmung zur Anwendung der Erleichterung verwehren.

 

Ihr Jens Bunte

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