Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2017-06

Neue Berechnungsweise der zumutbaren Eigenbelastung

Das Grundprinzip bei der Ermittlung der Einkommensteuerlast ist, dass Ausgaben, die mit steuerpflichtigen Einnahmen im Zusammenhang stehen, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen. Kosten der privaten Lebensführung sind grundsätzlich nicht abzugsfähig. Ausnahmen bilden davon die Sonderausgaben, die im Gesetz genau benannt sind. Und dann gibt es noch die „außergewöhnlichen Belastungen“. Diese „außergewöhnlichen Belastungen“ sind im Gesetz ziemlich abstrakt beschrieben und haben sich in der Praxis erst aus der Rechtsprechung entwickelt. Gelegentlich habe ich in Beiträgen dieser Reihe schon Sachverhalte aus dieser Rubrik behandelt. Dabei habe ich dann auch regelmäßig darauf hingewiesen, dass die Aufwendungen – sofern sie denn außergewöhnliche Belastungen darstellen – nur berücksichtigt werden können, wenn Sie eine gewisse Höhe erreichen. Denn die außergewöhnlichen Belastungen sind um die zumutbare Eigenbelastung zu kürzen. Und die Berechnung der Eigenbelastung ist jetzt neu – und günstiger!

 

Kurzer Einstieg: Was sind außergewöhnliche Belastungen?

 

Wie gesagt: Die Definition ist sehr abstrakt. „Aufwendungen, die einem im Gegensatz zur Mehrzahl anderer Steuerpflichtiger, zwangsläufig entstehen“, sind vielfältig. Doch durch die Rechtsprechung wurde der Umfang mit der Zeit doch recht klar festgelegt. Aufgrund der Vielzahl und der Vielschichtigkeit der Fälle bei den außergewöhnlichen Belastungen bietet es sich an, ein „ABC der außergewöhnlichen Belastungen“ aufzuführen. Eine solche Aufstellung können Sie hier abrufen.

 

Aber was ist jetzt neu bei den außergewöhnlichen Belastungen?

 

Eigentlich ist nichts neu – zumindest nicht an der Gesetzeslage. Doch der Bundesfinanzhof (BFH) hat ganz aktuell beschlossen, die Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung neu zu interpretieren. Die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung ist nämlich vom Gesamtbetrag der Einkünfte abhängig. Dazu werden die Einkünfte in drei Gruppen unterteilt. Je nachdem in welcher Einkommensgruppe man nun liegt, wurde Jahrzehnte lang ein, entsprechend der Einkommensgruppe ansteigender, Prozentsatz auf das Gesamteinkommen berechnet. Die Höhe des so ermittelten Betrages musste als Eigenbelastung von den Aufwendungen abgezogen werden und wirkte sich nicht aus.

 

Jetzt interpretiert der BFH die Berechnungsweise anders. Und zwar wird der Prozentsatz, der für die untere Einkommensgruppe festgelegt ist, auf das Einkommen bis zu dieser Grenze angewendet. Der nächst höhere Prozentsatz, welcher für die nächst höhere Einkommensgruppe gilt, wird nur soweit angewendet, wie das Einkommen die vorherige Grenze überschreitet. In der Summe ist die zumutbare Eigenbelastung damit geringer als nach der alten Berechnungsmethode. Sie können also mehr absetzen!

 

BEISPIEL: Für die Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung wird in drei Einkommensstufen unterteilt. Die Stufe mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340,-- €, die Stufe bis 51.130,-- € und die mit mehr als 51.130,-- €. Der Berechnungssatz für einen ledigen Steuerpflichtigen ohne Kinder beträgt in der ersten Gruppe 5 %, in der zweiten Gruppe 6 % – sodann in der höchsten Gruppe 7 %. Nach der alten Lesart des Gesetzes wurden also beim Erreichen der Gruppe III vom gesamten Einkommen 7 % als Eigenanteil ermittelt. Bei z. B. 55.000,-- € waren davon 7 % = 3.850,-- € schädlich.

 

Nun wird der Anrechnungsbetrag bis zu jeder Stufe extra ermittelt: Für die ersten 15.340,-- also 5 % - somit 767,-- €. Die nächste Stufe von 15.340,-- bis 51.130,-- € wird mit 6 % belastet = 2.147,-- €. Und daher erfährt nur noch das Resteinkommen von 3.870,-- € (55.000 – 51.130) die höchste Belastung mit 7 % = 270,-- €. In der Summe beträgt die zumutbare Eigenbelastung nur noch 3.184,-- € anstatt wie bisher 3.850,-- €!

 

Beratungstipp

 

Nachdem der BFH im Januar 2017 so geurteilt hatte, hat sich nunmehr auch die Finanzverwaltung dieser Vorgehensweise angeschlossen. Nach einer Onlinemitteilung des Bundesministeriums der Finanzen vom 01.06.2017 soll umgehend im Rahmen der Erstellung der Einkommensbescheide die neue Berechnungsweise angewendet werden. Fakt ist jedoch, dass manche Rechenzentren dieses bislang nicht umsetzen. Somit Augen auf bei der Prüfung des Steuerbescheides und ggf. Einspruch einlegen!

Ihr Jens Bunte

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