Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2016-03

Die jährlichen Steuerbescheinigungen zu den Zinserträgen

Sie sind raus. Jetzt, Ende März, haben die Banken die Steuerbescheinigungen für das Vorjahr regelmäßig an die Sparer versendet. Und nun? Gilt für Kapitalerträge nicht eine Abgeltungssteuer, die, wie der Name schon vermuten lässt, die Steuerschuld schon abgegolten hat? Und wie so oft im Steuerrecht lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Und worauf es ankommt, dass möchte ich in diesem Beitrag erläutern.

 

Wie ist die Ausgangssituation bei der Besteuerung von Kapitalerträgen?


Alle im Privatvermögen zufließende Kapitalerträge werden mit einer 25 %igen Kapitalertragsteuer, dem Solidaritätszuschlag und – falls der Zinsempfänger einer kirchensteuerpflichtigen Konfession angehört – mit Kirchensteuern belegt. Diese hat der Schuldner, in der Regel die Bank, direkt von den Zinsen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Wurde das bei allen Kapitalerträgen des Steuerpflichtigen tatsächlich durchgeführt, dann brauchen diese Kapitalerträge nicht mehr in der jährlichen Steuererklärung berücksichtigt werden, da praktisch durch diese „Abgeltungssteuer“ die Versteuerungspflicht für diese Einkünfte erfüllt wurde.

 

Hört sich einfach an. Wo ist das Problem?

 

Der Gesetzgeber hatte sich bei Einführung dieser Besteuerungsweise 2009 auch eine echte Vereinfachung versprochen und war davon ausgegangen, dass die Besteuerung von privaten Kapitaleinkünften in der Praxis keine Rolle mehr in der Einkommensteuererklärung spielen wird. Doch leider ist das Gegenteil eingetreten. Grund ist, dass es im Rahmen dieser pauschalen Besteuerungsform „Günstigerprüfungen“ gibt. Unter Günstigerprüfungen versteht man, dass neben der erfolgten pauschalen Versteuerung berechnet wird, ob es nicht doch vorteilhafter sein kann, seine Kapitalerträge ganz normal zu versteuern und damit unterm Strich weniger Steuern zu zahlen sind, als wenn die Abgeltungssteuer angewendet wird. Das praktische Problem ist, dass die Finanzverwaltung völlig überzogene Anforderungen an die Beantragung der Günstigerprüfung stellt und eine nachträgliche Beantragung ausschließt.

 

Günstigerprüfung für bestimmte Dividenden

 

 

Auch die Erträge (Dividenden) aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft unterliegen grds. der Abgeltungssteuer. Für Beteiligungen über 25 % oder über 1 %, wenn der Gesellschafter auch noch in der Gesellschaft tätig ist, kann geprüft werden, ob der Verzicht auf die pauschale Versteuerung günstiger ist. Das wird regelmäßig der Fall sein, weil dann das sogenannte Teileinkünfteverfahren greift und sogar noch die Möglichkeit besteht, Werbungskosten geltend zu machen. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass dieser Antrag spätestens in dem Moment gestellt werden muss, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Ein „Nachschieben“ dieses Antrags ist somit unmöglich. Selbst dann nicht, wenn mit der Bearbeitung im Finanzamt noch gar nicht begonnen wurde!

 

Günstigerprüfung für Kapitalerträge im Allgemeinen

 

 

Unabhängig von der Art der Kapitalerträge kann es zudem vorteilhafter sein, auf die pauschale Versteuerung zu verzichten. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn der persönliche Steuersatz unter 25 % liegt. Das geschieht allerdings nicht von Amtswegen. Soll heißen: Das Finanzamt prüft nicht selbständig den Vorteil für den Steuerpflichtigen, sondern dieser muss ihn beantragen. Anders als bei der vorgenannten Günstigerprüfung für bestimmte Dividenden, steht im Gesetz keine eindeutige Befristung für diesen Antrag. Bei der alten Rechtslage, vor Einführung der Abgeltungssteuer, war es verhältnismäßig unspektakulär, auch nachträglich, in den Genuss einer günstigeren Steueranrechnung zu kommen. Das Zusammenspiel verschiedener Korrekturmöglichkeiten machte das möglich. Auch auf die neue Rechtslage wäre das übertragbar gewesen. Doch das schien dem Bundesfinanzhof wohl zu banal. Er konstruierte einen Lösungsweg, der immer die Frage nach dem „Verschulden“ des unterlassen Antrages auf Günstigerprüfung stellt. Und die kommt immer zu einer Lösung: Der Steuerpflichtige!

 

Sie sollten daher auch in eindeutigen Fällen (also bei hohem Steuersatz), einen Antrag auf Günstigerprüfung stellen, um sicherheitshalber nachher alle Anträge stellen zu können, die in diesem Rechtsbereich irgendwie möglich sind. Steuervereinfachung sieht anders aus.

 

Ihr Jens Bunte

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