Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2020-03

Bruchteilsgemeinschaften in der Umsatzsteuer

Kann eine Bruchteilsgemeinschaft Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein? Wann Sie jetzt weiterlesen sollten? Immer dann, wenn Ihnen etwas mit anderen zusammen gehört und Sie diesen Gegenstand vermieten. Im Zweifel sogar mit Umsatzsteuer. Und natürlich, wenn Sie unsere Beiträge grundsätzlich interessant und informativ finden. Denn was nicht ist, kann ja noch werden.

 

Auch wenn sich das Thema zunächst sperrig und sehr theoretisch anhört – in der Praxis ist es eine sehr häufige Form der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit. Nicht selten sind dabei Ehepartner oder andere Verwandte involviert.

 

Fallbeispiel

 

Nehmen wir an, es ginge um Eheleute, die gemeinsam ein Gebäude erworben haben. Einen Teil bewohnen Sie selbst. Einen anderen Teil vermieten Sie an einen Architekten, der darin sein Büro betreibt. Sie schließen mit dem Architekten einen Mietvertrag ab, bei dem Sie die Miete mit Umsatzsteuerausweis vereinbaren. Das hat für die Eheleute einige finanzielle Vorteile und für den Architekten keine Nachteile, da er sich die Umsatzsteuer auf die Miete vom Finanzamt wieder als Vorsteuer erstatten lassen kann.

 

Zivilrechtliche Beurteilung

 

Die unterschiedliche Betrachtung zwischen Zivil- und Steuerrecht ist daher wichtig, weil das Zivilrecht erst einmal feststellt, welche rechtliche Grundsituation grundsätzlich überhaupt vorliegt. Das Steuerrecht zieht aus diesen Grundlagen dann seine Erkenntnisse und wendet darauf seine steuerlichen Regeln in einen zweiten Schritt regelmäßig an.

 

Bei dem beschriebenen Fall ist es somit zivilrechtlich zu einer Bruchteilsgemeinschaft gekommen. Dazu müssen keine besonderen Rahmenverträge zwischen den Beteiligten eingegangen werden. Das Handeln allein – in diesem Fall der Erwerb des Gebäudes – reicht demnach aus, eine solche Gesellschaft zu „installieren“. Daher schließen streng genommen auch nicht die Ehegatten einen Mietvertrag mit dem Architekten über sein Büro ab, sondern jeder Ehepartner für sich allein für seinen Anteil, der ihm fiktiv an dem Büro gehört.

 

Steuerliche Beurteilung

 

Klarstellung: Die steuerliche Betrachtung beschränkt sich in diesem Beitrag alleinig auf die Umsatzsteuer. Rückschlüsse auf andere Steuerbereiche können daraus nicht gezogen werden. Bei der Umsatzsteuer hingegen hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung aktuell grundlegend geändert. Waren Sachverhalte wie unser Beispielsfall in der Vergangenheit praktisch kein Problem, splittet der BFH diese Fälle – wie das Zivilrecht – ebenfalls auf. Es reicht nicht, dass die Ehegatten sich einheitlich zur Umsatzsteuer erklären. Nein, jeder Ehegatte muss für seinen eigenen Anteil eine eigene Umsatzsteuererklärung (und natürlich auch Umsatzsteuervoranmeldungen) abgeben.

 

Was sich zunächst nur nach etwas mehr Verwaltungsarbeit anhört, wird hinsichtlich des Vorsteuerabzuges aus Aufwendungen der Beteiligten ein echtes formelles Problem, da der Vorsteuerabzug immer nur dem Ehegatten zusteht, für dessen Anteil die Eingangsleistung abgerechnet wird und dessen Name auf der Rechnung steht. Strenggenommen müssten für gemeinschaftliche Leistungen jeweils zwei getrennte Eingangsrechnungen vorliegen, um in den Genuss des Vorsteuerabzuges zu kommen! Ansonsten sind alle Rechnungen und Verträge die auf Namen beider Ehegatten oder auf einen Ehegatten für den Eigentumsanteil des anderen ausgestellt sind, schlichtweg falsch.

 

Handlungsempfehlung

 

Da aktuell noch nicht klar ist, wie das Finanzamt auf die Rechtsprechung des BFH reagieren wird, ist Vorsicht geboten. Es sollte überlegt werden, ob alle Beteiligten nicht nur „ihre Sache“ einbringen, sondern daneben noch ein gemeinsames Ziel definieren. In diesem Fall wird aus der reinen Bruchteilsgemeinschaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Und anders als die reine Bruchteilsgemeinschaft kann eine GbR Träger von Rechten und Pflichten sein – somit umsatzsteuerrechtlich ein eigener Unternehmer. Das würde das Problem in Gänze lösen.

Wie bei so vielen Fallgestaltungen im (Steuer-) Recht, kommt es auf den richtigen Zeitpunkt und die korrekte Darstellung an. Es gibt also Handlungsbedarf.

 

Sollten Sie selbst von einer solchen Sachlage betroffen sein, hoffe ich, dass ich Ihnen diese Info früh genug geben konnte. Bei allen anderen Lesern bedanke ich mich, dass Sie bis hierher gefolgt sind.

 

Ihr Jens Bunte

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