Der aktuelle HINTERGRUND Ausgabe 2017-11
Bewertung von Grundbesitz in der ErbSt
Der Gassenhauer von „Oma ihr klein Häuschen“ kam mir in den Sinn, als ich von einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) gelesen habe. Dort hatte ein Steuerpflichtiger geklagt, weil er vom Wert des Erbes eines Gebäudes die Kosten für die Reparatur der Heizung abziehen will. Da die Falschbetankung mit mangelhaftem Heizöl zweifelsfrei noch der Verstorbene vorgenommen hatte, war der Erbe der Meinung, die nun anstehende Reparatur wäre im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung dann aber auch noch als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Das sah der BFH anders und schloss die Minderung bei der Erbschaftsteuer aus! Letztendlich möchte ich dieses Urteil aber aufgreifen, um grob darzustellen, was bei der Zuwendung eines Hauses im Rahmen der Erbschaft- bzw. der Schenkungsteuer überhaupt versteuert werden muss.
Die Bemessungsgrundlage für die Steuer
Wer etwas geschenkt bekommt oder erbt, der muss prüfen ob ggf. Schenkung- oder Erbschaftsteuer anfällt. Dazu ist eine Erklärung an das Finanzamt einzureichen, die die erhaltenen Vermögensgegenstände enthält. Bei einer Geldzuwendung ist das nicht besonders schwer. Wie sind aber Immobilien zu erklären? Mit welchem Wert sind sie zu bewerten? Das Finanzamt möchte dazu gerne den „gemeinen Wert“ mitgeteilt bekommen. Dieser soll annähernd dem Verkehrswert – also dem Marktwert – entsprechen. Abhängig von der Art des erhaltenen Objektes (z. B. EFH/ZFH oder Eigentumswohnung) und der Nutzungsart (zu eigenen Wohnzwecken oder vermietet zu fremden Wohnzwecken) gibt es verschiedene Bewertungsvorgaben.
Das Vergleichswertverfahren
Für Ein- und Zweifamilienhäuser und für Eigentumswohnungen, die vom Schenker oder Erblasser selbst genutzt wurden, ist grundsätzlich das Vergleichswertverfahren anzuwenden. Dabei wird der Wert von vergleichbaren Objekten, die durch den Gutachterausschuss im Grundstücksmarktbericht festgestellt wurden, zugrunde gelegt. Das Vergleichswertverfahren ist in der Praxis aber nicht wirklich tauglich. Führen die Grundstücksmarktberichte im großstädtischen Bereich noch entsprechende Werte, so liegen für ländliche oder Kleinstadtregionen regelmäßig keine Werte vor. Dann ist das Sachwertverfahren anzuwenden.
Das Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren beruht auf einer technischen Betrachtung, die in statistischen Tabellen dargestellt wird. Unter Berücksichtigung der Brutto-Grundfläche werden die Normalherstellungskosten des Jahres 2010 ermittelt. Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte für das gesamte Bundesgebiet. Eine Anpassung an die individuellen Gegebenheiten erfolgt dann über eine Wertzahl, einen Altersabschlag und einen Preisindex des Statistischen Bundesamtes. Arbeitet man sich durch alle Tabellen und Indexe durch, kommt man auf einen Wert, der dem Verkehrswert mit einer Schwankungsbreite von +/- 20 % nahe kommen soll. Wichtig ist hierbei die korrekte Ermittlung der Brutto-Grundfläche. Diese hat nichts mit der allgemein bekannten „Wohnfläche“ zu tun und muss für die Erbschaftsteuer unabhängig ermittelt werden.
Das Ertragswertverfahren
Sollte es sich bei dem erhaltenen Objekt zwar um ein Ein- oder Zweifamilienhaus bzw. um eine Eigentumswohnung handeln, die aber nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sondern vermietet wurde, dann ist die Wertermittlung verhältnismäßig einfach. In diesem Fall wird die erzielbare Miete auf die voraussichtliche Restnutzungsdauer des Objektes hochgerechnet. Das Gebäude ist dann also so viel wert, wie sich mit ihm zukünftig verdienen lässt.
Besonderheiten im Rahmen der Erbschaft
Bezogen sich die bisherigen Ausführungen lediglich auf die Bewertung von Immobilien bei der Erbschaft und Schenkung, so möchte ich doch kurz auf Besonderheiten bei der Besteuerung eingehen. Bitte beachten Sie, dass bei Erbschaften – also bei Erwerb durch Tod – keine Erbschaftsteuer anfällt, wenn der Verstorbene die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Das gilt, wenn der Ehepartner oder die Kinder erben und die Wohnung dann selber auch zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Wichtig: Die Eigennutzung muss dann mindestens 10 Jahre erfolgen. Ansonsten entfällt die Befreiung rückwirkend! Tipp: Übertragen Sie zu Lebzeiten. Dann gibt es keine Bindungsfrist. Für Objekte, die vermietet wurden, gewährt der Gesetzgeber einen Abschlag von 10 %.
Vor dem Hintergrund all dieser Besonderheiten, könnte es schon so erscheinen, dass es einfacher ist „uns´rer Oma ihr klein Häuschen zu versaufen“ als es zu versteuern.
Ihr Jens Bunte